Ungarn: Eine Liste der Grausamkeiten… gegen Arbeiter, Arbeitslose und Roma

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International steht die Regierung von Viktor Orban wegen ihrer neuen Verfassung in der Kritik. In Ungarn selber haben am 2. Januar mehrere zehntausend Menschen gegen diese rückschrittliche Verfassung demonstriert, die die Werte der Kirche als Leitfaden anerkennt, Homosexualität verurteilt sowie das Recht auf Abtreibung in Frage stellt.
Gleichzeitig werden Presse und Justiz noch stärker unter die direkte Kontrolle der Regierung gestellt. Journalisten, Richter und Beamte, die Viktor Orbans ultrakonservativer Partei Fidesz unbequem sind, werden entfernt. Auch das Wahlgesetz wurde geändert. Alles Maßnahmen, die darauf abzielen, Orban und der Fidesz langfristig eine ungeteilte Macht zu sichern.

Zur Festigung seiner Macht setzt Orban außerdem auf nationalistisches Säbelrasseln gegenüber den Nachbarländern. Und er betreibt eine fremdenfeindliche Hetze gegen die ärmste und schwächste Bevölkerungsgruppe Ungarns, die 700.000 Roma, von denen zwei Drittel keine Arbeit finden können und ein Drittel regelmäßig unter Hunger leiden muss.
Mit dieser Hetzpropaganda versucht Orban vor allem der Wählerschaft der rechtsextremen Partei Jobbik zu schmeicheln, die 2010 mit ihrem offen gegen Kommunisten, Juden und Roma gerichteten Wahlkampf 17% der Stimmen bekommen hat. Und die Anhänger von Jobbik belassen es nicht bei Worten. Sie marschieren mit Uniform und Abzeichen der alten ungarischen Nazis durch die Dörfer und greifen systematisch und gewaltsam die Roma an. Mit Pitbulls, Äxten und Peitschen bewaffnet bedrohen sie die Viertel der Roma, greifen Erwachsene wie Kinder an. Wie lange wird es dauern, bis sie ganz wie ihre Vorbilder auch streikende Arbeiter und Gewerkschafter angreifen?

Um die Unterstützung der Wählerschaft dieser barbarischen Rechtsradikalen zu bekommen, setzt Viktor Orban einen Teil ihrer Forderungen um. So hat er 2011 einen Zwangsarbeitsdienst eingeführt. Um ihre monatlichen 170 Euro Arbeitslosengeld zu behalten, werden arbeitslose Roma gezwungen, im Reinigungsdienst, in der Landwirtschaft, für religiöse Einrichtungen oder auf dem Bau zu arbeiten – teilweise mehrere Stunden von zuhause entfernt, einzig mit einer Baracke zum Schlafen, ohne Toilette, Wasser oder Sonnenschutz am Arbeitsplatz.

Die schutzlosen Roma dienen der Regierung vor allem als Sündenbock. Auf sie soll die Wut gelenkt werden über die dramatischen sozialen Verschlechterungen, die der gesamten arbeitenden Bevölkerung Ungarns in den letzten Jahren von Regierung, Konzernen und Banken aufgezwungen wurden.

Seit der Wirtschafts- und Finanzkrise 2008 sind Arbeitslosigkeit und Inflation explodiert, und die Regierung setzt einen brutalen Sparplan nach dem anderen um. Die arbeitende Bevölkerung verarmt zusehends. Und nun hat Orbans Partei noch ein neues Arbeits“recht“ verabschiedet, dass die Arbeiter regelrecht ins 19. Jahrhundert zurückwerfen soll: Der Kündigungsschutz für schwangere Frauen und Gewerkschafter wird abgeschafft, ebenso die Überstunden- und Schichtzulagen. Streiks gegen die Regierung werden verboten, und Kritik am Arbeitgeber wird ein Kündigungsgrund.

Und so gibt es eine endlose Liste der Grausamkeiten von der Regierung Orban. Doch wogegen richtet sich die Kritik der EU-Politiker? Hauptsächlich gegen die Einschränkungen Orbans bei der Zentralbank und den Steuergesetzen. Ihre Sorge dreht sich also ums Geld, genauer gesagt darum, ob das arme und überschuldete Ungarn weiter die Zinsen seiner Schulden an die westeuropäischen Banken zahlen kann.
Alles andere, von der wachsenden Verarmung der ungarischen Arbeitenden bis zur brutalen Hetze gegen die Roma, ist für sie nicht kritikwürdig, das ist normal. Im Gegenteil: Mit ihren Forderungen nach weiteren Einsparungen im Namen der „Schulden-bekämpfung“ trägt die EU dazu bei, Armut und Elend zu vergrößern und damit den Boden zu bereiten, auf dem Nationalismus, Rassismus und Bewegungen wie Fidesz und Jobbik gedeihen können.

Wie sehr hatte die ungarische Bevölkerung 1990 gehofft, der Eintritt in die kapitalistische Welt des Westens würde ihnen die ersehnte Freiheit und materiellen Wohlstand bringen. Es ist ein bitteres Erwachen. Der Kapitalismus kann ihnen keines von beiden geben.