Zweieinhalb Monate haben in der Türkei 12.000 Arbeiterinnen und Arbeiter der ehemalig staatlichen Tabakfirma Tekel gestreikt. Aus mehreren Städten sind sie Mitte Dezember in die Hauptstadt gekommen, um gemeinsam auf die Regierung Druck auszuüben. Bis Anfang März zelteten sie in der Innenstadt Ankaras, und weder Kälte, Regen und Schnee, noch die Drohungen der Regierung konnten sie vertreiben.
Sie kämpfen gegen eine Privatisierung, durch die sie nicht mehr Beschäftigte des öffentlichen Dienstes sind. Ihre Löhne würden so drastisch von 1000 Euro auf 360 Euro im Monat sinken. Außerdem würden sie jederzeit kündbar und damit droht vielen das gleiche Schicksal, das seit 2004 bereits 50.000 Arbeiter privatisierter Staatsbetriebe erlebt haben: die Arbeitslosigkeit.
Für ihre Arbeitsplätze und ihre Löhne führten sie einen beeindruckenden Kampf. Zum Beispiel haben hunderte ArbeiterInnen ihre Kinder Verwandten und Freunden anvertraut, um die mehreren hundert Kilometer nach Ankara reisen und an der Besetzung teilnehme zu können.
Eine Welle der Solidarität
Ihr Mut und ihre Entschlossenheit hat eine Welle der Solidarität ohne gleichen hervorgerufen – trotz aller Verleumdungen der Streikenden seitens der Regierung. Viele Menschen kamen vorbei, um den Kampf zu unterstützen. Als die Regierung im Fernsehen erklärte, die Besetzung der Innenstadt durch die Streikenden würde die Einwohner und die Ladenbesitzer stören, kamen besagte Ladenbesitzer und Einwohner sofort am nächsten Tag massenhaft, um den Streikenden ihre Unterstützung zu versichern und ihnen Spenden aller Art zu bringen. Auch die großen Gewerkschaftsverbände haben letztlich einen nationalen Tag der Solidarität organisiert, obwohl Premierminister Erdogan diesen für illegal erklärt hat und mit Sanktionen gedroht hat.
Dieser Kampf hat geholfen klar zu stellen, auf welcher Seite die Regierung Erdogan steht, die viele Menschen lange für anders als ihre Vorgänger gehalten hatten. Auch sie aber steht eindeutig im Dienst der Reichen und Unternehmer – gegen die Arbeiter.
Nach 78 Tagen haben die Tekel-Arbeiter ihre Besetzung in Ankara beendet. Noch ist nicht klar, wie es weiter geht. Doch unabhängig davon, wie viel von ihren Forderungen sie letztlich durchsetzen können, wird den Tekel-Arbeitern niemand mehr dieses Erlebnis von Solidarität, Zusammenhalt und Kraft nehmen können.
Und heute schon sieht man: Ihr entschlossener Kampf hat dazu beigetragen, die Stimmung im Land zu ändern und anderen Arbeitern Mut zu machen, ebenfalls zu kämpfen.