Als Amazon vor anderthalb Jahren ein großes Versandzentrum in Rheinberg (Niederrhein) aufgemacht hat, haben sich viele über die neuen Jobs gefreut, die es dadurch geben sollte. Schnell wurde jedoch klar, was es bei Amazon mit den Jobs auf sich hat.
Die Hälfte der 2.500 Kollegen hat nur einen befristeten Vertrag, ganz zu schweigen von den vielen Praktikanten, die Amazon mit der Hoffnung auf eine Stelle anlockt, dann kostenlos bei sich arbeiten lässt… und am Ende des Praktikums wieder rausschmeißt.
Gerade bei den Kollegen mit unsicheren Arbeitsverträgen ist es üblich, ihnen kurz vor Feierabend anzukündigen, ob und wie viel Überstunden sie an dem Tag noch machen sollen. Das alles für Löhne deutlich unter dem schon nicht üppigen Tariflohn von 11 Euro, und ohne Urlaubs- und Weihnachtsgeld.
Wer bei Amazon anfängt, hat außerdem das Gefühl, er ist in einem Hochsicherheitsgefängnis gelandet. Zur Pause und zum Feierabend muss man durch Sicherheitsschleusen, man wird sogar am Körper abgetastet. Manchmal werden selbst die Ohrringe kontrolliert. Auch am Arbeitsplatz wird man überwacht und von den Chefs ausgefragt. Alle Arbeiter werden behandelt, als wären sie potenzielle Diebe.
Dabei ist es genau umgekehrt: Diejenigen, die täglich beklaut werden, sind die Arbeiter! Ihnen unterschlägt Amazon täglich Lohn, feste Verträge und Freizeit.
Amazon hat offensichtlich gedacht: Wenn man solche Arbeitsbedingungen direkt mit der Eröffnung des Betriebs einführt, dann akzeptieren sie alle als ‚normal‘. Doch das hat nicht lange funktioniert. Mittlerweile sind viele in die Gewerkschaft eingetreten und haben an Diskussionen und Versammlungen teilgenommen. Die empörenden Bedingungen bei Amazon sind auch Stadtgespräch in Rheinberg und in den anderen Betrieben dort geworden. Und so hat Amazon im Gegenteil erreicht, dass es heute normal ist darüber zu sprechen… dass man solche Zustände nicht als normal hinnehmen darf.