Leiharbeit – ein (Sch)leckerbissen für die Konzerne

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Von Schlecker wurden sie entlassen und von der Leiharbeitsfirma von Schlecker wieder eingestellt – zum halben Lohn. Hinter diesem empörenden Fall stehen hunderttausende Arbeitende, die ein ähnliches Schicksal teilen.

Ob VW, die Telekom, BASF, TUI oder die Arbeiterwohlfahrt: Queerbeet durch alle Branchen haben große Firmen in den letzten Jahren eigene Leiharbeitsfirmen gegründet.

Nebeneinander arbeiten sie am Fließband, die Arbeiter von VW und die der VW-Leiharbeitsfirma „Wolfsburg AG“, doch die bekommen über ein Drittel weniger Lohn. Denn mit eigenen Leiharbeitsfirmen können die Konzerne ganz einfach die Tarifverträge ihrer Branche umgehen und den Beschäftigten deutlich schlechtere Löhne und Arbeitsbedingungen aufzwingen.

Auch Staatsbetriebe und Öffentlicher Dienst machen dabei seit langem mit: Eigene Leiharbeitsfirmen gibt es bei der Deutschen Bahn oder auch am Klinikum in Essen, wo die Beschäftigten der „Personalservicegesellschaft“ zum Teil so wenig verdienen, dass sie trotz Vollzeitstelle ergänzend HartzIV erhalten.

Ganz zu schweigen von all den festen Arbeitsplätzen, die in der Privatwirtschaft und im Öffentlichen Dienst vernichtet wurden und heute mit befristeten, schlecht bezahlten Leiharbeitern der großen Zeitarbeitsfirmen wie Manpower, Randstad oder Adecco besetzt werden.

Die Politik hilft mit

Bis 2004 gab es noch einige gesetzliche Schranken für die Leiharbeit: Zum Beispiel war es Betrieben nicht erlaubt, einen Leiharbeiter rauszuschmeißen und kurz darauf wieder einzustellen. Und Leiharbeitsfirmen durften nicht befristet, sondern nur unbefristet einstellen. Doch 2004 hat die damalige rot-grüne Regierung quasi alle einschränkenden Gesetze aufgehoben – unter dem Beifall der CDU und der Unternehmer natürlich.

Seitdem ist die Leiharbeit explodiert. Bis 2008 ist die Zahl der Leiharbeiter auf 800.000 angewachsen. In der Industrie machen sie bereits 10-12 Prozent der Gesamtbelegschaft aus.

Für die Betroffenen bedeutet dies nicht nur weniger Geld und schlechtere Bedingungen, sondern auch ständige Unsicherheit und die Angst, morgen auf der Straße zu stehen. Und das alles drückt automatisch auch auf die Löhne und Arbeitsbedingungen der Festeingestellten.
Was für eine Waffe gegen die Arbeitenden die Leiharbeit ist, ist so richtig deutlich geworden seit Beginn der Wirtschaftskrise. Innerhalb eines halben Jahres, vom Herbst 2008 bis Mai 2009, haben die Unternehmen 300.000 Leiharbeiter auf die Straße geschmissen – ohne Kündigungsfristen, ohne Abfindungen, ohne dass ihnen ein Wort in der Presse gewidmet wurde: Es waren ja keine „Entlassungen“. Sie verloren von heute auf morgen ihre Arbeit, ihr Einkommen, aber es waren ja „nur“ Leiharbeiter
Die Unternehmen wollen billig und einfach von heute auf morgen Menschen ihren Lebensunterhalt rauben können. Und sie wollen, dass wir das als nicht so schlimm, als fast „normal“ empfinden und nicht als Entlassungen.
Genauso, wie wir denken sollen, es gäbe keine Entlassungen, weil ja „nur“ die Azubis nicht übernommen werden. Oder „nur“ beim Zulieferer oder bei der Fremdfirma die Arbeitsplätze wegfallen.

Eine Waffe gegen alle Arbeitenden

Die Zeitarbeit gehört wie die Befristungen und die Auslagerungen an Fremdfirmen zu dem Waffenarsenal, dass sich die Betriebe in den letzten Jahren aufgebaut haben, um die Löhne und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern.

Und ob Leiharbeiter, Befristete oder Arbeiter von Fremdfirmen, denen man von heute auf morgen ihre Arbeit und ihren Lohn raubt und die man aufs Arbeitsamt schickt – ja, auch das sind Entlassungen und nichts anderes. Und sie sind alles andere als normal.

Doch genau das ist der Traum der Konzerne, dass dies normal wird. Sie möchten am liebsten, dass ALLE Arbeitenden nur noch befristete und unsichere Arbeitsplätze haben, in denen sie uns von heute auf morgen Heuern und Feuern können.

Das einzige hingegen, was für die Arbeitenden normal und billig wäre, wäre alle Stellen wieder in unbefristete Arbeitsplätze umzuwandeln, Massenentlassungen zu verbieten und die Gewinne der Unternehmen dafür heranzuziehen, bei Produktionsschwankungen und in der Krise die Arbeit unter Allen (!) aufzuteilen.