Während die grippalen Infekte gerade kaum jemanden verschonen, fordern die Bosse von Allianz und Mercedes, dass wir am ersten Krankentag keinen Lohn mehr bekommen sollen. Als würden wir zum Spaß krank werden! Ihre Forderung würde eine Lohnkürzung für alle Arbeitenden bedeuten.
Gleichzeitig fordern die Unternehmerverbände, künftig nach Möglichkeit nur noch „Teilzeit“ krankzuschreiben. Nach dem Motto: Mit Rückenschmerzen kann man doch 3 Stunden arbeiten kommen – oder mit einem grippalen Infekt den halben Tag im Homeoffice arbeiten!?
Es ist die nächste dreiste Forderung, die die Kapitalisten mit ihrer üblichen Lüge rechtfertigen: Dass wir angeblich „nicht mehr arbeiten wollen“ und damit die Wirtschaft in den Ruin treiben würden. Welch eine Verdrehung der Tatsachen!
Wer hat denn über Jahrzehnte immer mehr Stellen abgebaut, um die Profite zu erhöhen? Wer hat dafür gesorgt, dass wir immer mehr arbeiten müssen, dass sich unsere Rücken, Schultern, Hände, Nerven kaum noch erholen und wir dadurch immer häufiger krank werden? Genau die Kapitalisten, die uns nun vorwerfen, wie wären zu viel krank.
Und wer baut gerade radikal Stellen ab, vernichtet wie bei VW 35.000 Arbeitsplätze, obwohl der Konzern 16 Milliarden Euro Gewinn gemacht hat? Wer verdammt auf diese Weise Hunderttausende zur Arbeitslosigkeit, nur um in der Krise weiter Milliardengewinne zu erhalten? Genau die Konzernbosse, die uns erklären, wir wären „zu faul“.
Wenn hier also jemand die Gesellschaft in den Ruin treibt, dann diese parasitäre kapitalistische Klasse und ihre Gier nach Profit!
Es ist kein Zufall, dass die Sprecher des Kapitals gerade jetzt vor der Bundestagswahl besonders laut ihre Forderungen äußern. Sie machen damit von vornherein klar, was sie von der neuen Regierung erwarten. Und wir können uns sicher sein: Egal wer die Wahl gewinnt, die nächste Regierung wird ihnen helfen, ihre arbeiterfeindlichen Angriffe umzusetzen.
SPD und Grüne versuchen zwar so zu tun, als wären sie „sozial“ eingestellt. Aber wir haben sie doch an der Regierung erlebt! Unter ihnen sind die Reichen noch reicher geworden und wir ärmer. Ihre Regierung hat den Konzern-Bossen über hundert Milliarden Euro geschenkt, während sie uns sogar kurz vor der Wahl noch mal die Steuern und die Krankenkassenbeiträge erhöht haben. Warum sollte das nach der Wahl auf einmal anders werden?
CDU, FDP und AfD stellen sich sogar offen hinter die Forderungen der Kapitalisten. Sie werben mit Slogans wie „Fleiß muss sich wieder lohnen“. Doch damit meinen sie nicht etwa, dass man für seine Arbeit einen Lohn bekommt, von dem man auch leben kann.
Nein, sie wollen uns mit einer Serie von Gesetzen dazu bringen, sogar zu noch niedrigeren Löhnen zu arbeiten… und stattdessen noch mehr Überstunden zu machen und in der Rente weiter arbeiten zu gehen. Mehrere CDU-Politiker haben auch gleich der Forderung nach unbezahlten Krankentagen zugestimmt.
„Ausbeutung soll sich noch mehr lohnen – für die Kapitalisten“ wäre ein passenderer Wahlslogan dafür.
Am radikalsten ist die AfD: Wer seine Arbeit verliert, soll nach ihrem Willen vielfach nicht mehr 12 Monate Arbeitslosengeld I erhalten, sondern nur noch 6 Monate – und anschließend nur noch Bürgergeld. Und auch das soll einem sofort gestrichen werden, sobald man nur einen Job ablehnt.
Ein Traum für die Kapitalisten! Gerade werden bei thyssenkrupp, Bosch, Miele und so vielen anderen Betrieben Hunderttausende auf die Straße gesetzt. Mit diesen Gesetzen könnten die Kapitalisten all die Entlassenen zwingen, schon nach sechs Monaten jede noch so schlecht bezahlte Arbeit zu noch so schlechten Bedingungen anzunehmen… was am Ende auf unser aller Arbeitsbedingungen drückt.
Gleichzeitig wollen CDU, AfD und FDP die Erbschaftssteuer und den Soli für die 1% Reichsten abschaffen und die Steuern auf Profite radikal senken. Die Großaktionäre und Großerben mussten für den Reichtum auf ihren Konten keinen Handschlag tun. Sie leben von dem Reichtum, den wir Arbeitenden schaffen. Und genau diese Reichen – die als einzige wirklich faul und parasitär leben – wollen sie mit Steuersenkungen belohnen und uns dafür noch ärmer machen.
Eins ist also sicher: Wenn wir Arbeitenden verhindern wollen, dass es für uns noch schlimmer wird, dürfen wir nicht auf die nächste Regierung hoffen. Wir werden andere Mittel als den Wahlzettel nutzen müssen.
Das war in der Vergangenheit nicht anders. Die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall ist das beste Beispiel.
Dass wir sechs Wochen weiter Lohn bekommen, wenn wir krank sind, das haben wir auch nicht durch „das richtige Kreuz“ am Wahltag bekommen. 1956 haben 34.000 Werftarbeiter in einem vier Monate dauernden unbefristeten Streik erkämpft, dass sie und bald darauf alle Arbeitenden in Deutschland zumindest 90% ihres Lohns im Krankheitsfall erhalten. In der Zeit der wilden Streiks ab 1969 wurde es dann auf 100% erhöht.
Und als die Regierung Kohl 1996 versuchte, die Lohnfortzahlung von 100 auf 80% des Nettolohns zu senken, waren es ebenfalls Streiks und Großdemonstrationen von Hunderttausenden Arbeitenden, die diesen Plänen einen Strich durch die Rechnung machten.
Unsere Zukunft wird ebenfalls nicht davon abhängen, wer die neue Regierung bilden wird – sondern davon, ob und wie wir Arbeitenden wieder anfangen zu kämpfen.
Auch 1956 und 1996 haben die Kapitalisten gejammert, mit der Lohnfortzahlung wären sie international nicht mehr konkurrenzfähig und würden Pleite gehen. Auch damals haben sie die Arbeitenden als Faulpelze beschimpft. Doch zum Glück haben diese sich davon nicht in die Irre führen lassen. Sie erkannten, dass die Kapitalisten mit dieser Propaganda einzig ihre Profitinteressen verteidigen – und haben stattdessen mit Streiks ihre Arbeiterinteressen verteidigt. Uns bewusst zu werden, dass dies auch heute unser einziger Weg ist, ist bereits ein erster, wichtiger Schritt.