Nach vier Wochen haben die 30.000 streikenden Arbeiter der Post die Arbeit wieder aufgenommen. Ihre wichtigste Forderung konnten sie jedoch nicht durchsetzen: Die Billiglohn-Tochterfirma für Paketboten (Delivery) wird bestehen bleiben. Auch nach vier Wochen hatte sich der Post-Vorstand strikt geweigert, darüber auch nur zu reden. Er war entschlossen, Delivery um jeden Preis zu behalten.
Denn für die Post ist Delivery der erste Schritt dahin, alle Löhne dauerhaft zu senken. Alle Paketboten werden zukünftig nur noch über Delivery eingestellt, sodass irgendwann alle Paketboten der Post 20% weniger Lohn verdienen werden. Und es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis sie Ähnliches bei den Briefträgern und den Postverteilzentren versuchen werden.
Der Post-Vorstand hat daher entschlossen alles getan, um den Streik zum Scheitern zu bringen. Ohne mit der Wimper zu zucken, hat er dafür zig Gesetze gebrochen. Er hat Beamte und Aushilfen widerrechtlich als Streikbrecher eingesetzt, hat polnische und slowakische Saisonarbeiter in Containern zusammengepfercht und zu der Arbeit der Streikenden verdonnert. Er hat illegale Sonntagsarbeit angeordnet, hat den Streikenden gedroht und versucht sie einzuschüchtern; und die Liste geht noch weiter.
Auf der anderen Seite haben zahlreiche Gesetze die Streikenden behindert. Viele durften vom Gesetz her nicht streiken, obwohl sie es wollten: Beamte, aber auch Beschäftigte von Delivery, weil diese ja einen anderen Tarifvertrag haben. Und außerhalb von den offiziellen Tarifrunden über den eigenen Tarifvertrag zu streiken, ist nach deutschem Streikrecht verboten. Während also vor dem Tor die Post-Arbeiter dafür streikten, dass alle Delivery-Arbeiter wieder zur Post kommen und entsprechend höhere Löhne bekommen, mussten diese arbeiten und wider Willen ‚ihren‘ Streik schwächen!
Und das ist sicher eine der wichtigen Lehren, die wir Arbeitenden aus dem Streik bei der Post ziehen müssen: Die Unternehmer halten sich an keine Gesetze, wenn sie entschlossen sind, ihre Interessen durchzusetzen. Wenn wir Arbeiter dagegen eine Chance haben wollen, dürfen wir uns von den Unternehmern und dem Staat nicht länger die Regeln vorschreiben lassen, nach denen wir kämpfen.