Eine Hiobsbotschaft jagt die nächste. Ob Thyssenkrupp, VW, Kodi, Lufthansa, BASF, Ford, Miele, Ineos, Bosch…: Es gibt kaum noch einen Großkonzern, in dem nicht Stellenabbau, Entlassungen oder gar Betriebsschließungen auf der Tagesordnung stehen.
Die drastischen Sparpläne der Großkonzerne treffen die kleinen Zulieferer und Subfirmen, von denen nicht wenige Bankrott gehen. Gleichzeitig vernichten die massiven Sparmaßnahmen der Regierung in Krankenhäusern, Kitas und Sozialeinrichtungen zahllose Stellen.
Hunderttausende Arbeitende wurden allein in den letzten zwei Jahren entlassen. Millionen Arbeitende fragen sich, ob sie die nächsten sind.
Und was macht die Regierung? Sie greift genau diejenigen, denen in der Krise ihr Arbeitsplatz geraubt wird, auch noch an. Angefangen mit ihrer ‚Reform‘ des Bürgergelds, das nun „neue Grundsicherung“ heißt.
Zum einen wird die bisherige Schonfrist von einem Jahr abgeschafft. Wer seine Arbeit verloren hat, muss künftig sofort aus seiner Wohnung ausziehen, sobald er in die Grundsicherung rutscht – außer man wohnt bereits in einer so kleinen und günstigen Wohnung, dass sie den strengen Richtlinien der Grundsicherung entspricht.
Hinzu kommen die drastischen Sanktionen. Wer einen Arbeitsplatz ablehnt, soll künftig monatelang keinen Cent Grundsicherung bekommen. Und zwar egal, was für einen Arbeitsplatz man ablehnt.
Selbst wenn der Arbeitsplatz (ohne Stau) jeden Tag drei Stunden Fahrtzeit und entsprechende Spritkosten verschlingt und nur zum Mindestlohn bezahlt wird. Selbst wenn die Arbeitsbedingungen so schlimm sind, dass sie einem in kürzester Zeit die Gesundheit ruinieren. Oder wenn es nur ein Teilzeitjob ist und man mit Grundsicherung aufstocken muss.
Wer diese Ausbeutung nicht mitmachen will, bekommt keinen Cent mehr für Essen und Strom – und im schlimmsten Fall auch keine Miete mehr.
Die Regierung tut so, als wäre diese massive Verschlechterung des Bürgergelds eine Maßnahme der „Gerechtigkeit“ gegenüber allen, die sich jeden Tag für niedrige Löhne zur Arbeit quälen. Ach ja?
Wenn die Regierung wirklich für mehr Gerechtigkeit sorgen wollte, dann würde sie für höhere Löhne sorgen, sodass niemand, der sich jeden Tag zur Arbeit quält, am Ende mit kaum mehr als Grundsicherung dasteht. Sie könnte sofort in ihren eigenen Einrichtungen anfangen und in den Krankenhäusern, Kommunen, Kitas und anderen öffentlichen Einrichtungen dafür sorgen, dass niemand mehr zu Niedriglöhnen und Zwangsteilzeit arbeiten muss.
Doch das Gegenteil ist der Fall. Denn die neue Grundsicherung setzt allen, die gerade den Entlassungen zum Opfer fallen, die Pistole auf die Brust: Akzeptiere jeden Job, egal wie schlecht er ist – und am besten noch bevor du in der Grundsicherung landest und vielleicht noch deine Wohnung verlierst.
Und sie setzt auch alle unter Druck, die Arbeit haben. Sie sendet ihnen die Botschaft: Haltet lieber eure Klappe, wenn ihr schlecht behandelt werdet. Sagt ja, wenn sie euch die Löhne kürzen, zig Überstunden verlangen oder euch noch mehr Arbeit aufhalsen. Besser, als wenn ihr gekündigt werdet, in die Grundsicherung rutscht und noch schlimmere Jobs machen müsst.
Die neue Grundsicherung verschlechtert die Lage der gesamten Arbeiterklasse!
Mit der neuen Grundsicherung gibt die Regierung ganz gezielt den Bossen eine Waffe in die Hand, um massive Verschlechterungen für ALLE durchzusetzen. Und daher wird sie nicht zufällig genau jetzt eingeführt, wo Konzerne wie Adidas aus dem Tarifvertrag aussteigen und die Löhne drücken. Wo die Regierung den 8-Stunden-Tag abschaffen und 13-Stunden-Arbeitstage ermöglichen will. Und wo in allen Betrieben radikal gespart wird.
Die Kapitalisten werden diese Waffe gnadenlos nutzen. Denn die wirtschaftliche Lage wird schwieriger, der internationale Konkurrenzkampf härter. Die Aufträge vieler Firmen sind zurückgegangen.
Doch für die Kapitalisten kommt es nicht in Frage, dass ihre Profit-Margen sinken. Im Gegenteil: Sie wollen auch in der Krise weiter Milliarden anhäufen. Deshalb sollen wir Arbeitenden für ihren Konkurrenzkampf den Kopf hinhalten.
Genau dasselbe haben wir schon einmal erlebt, vor zwanzig Jahren. Damals wurden (ebenfalls zur „Rettung“ der deutschen Wirtschaft) die Leiharbeit vereinfacht, Minijobs und 1-Euro-Jobs eingeführt und eine Aushebelung der Tarifverträge ermöglicht – und zeitgleich mit HartzIV das Druckmittel eingeführt, um Millionen Arbeitende zu zwingen, diese sehr viel schlechteren Arbeitsbedingungen anzunehmen. Das Ergebnis: 10 Jahre später hatte Deutschland den größten Niedriglohnsektor Europas und so viele Milliardäre wie noch nie.
Genau wie damals haben die Kapitalisten und ihre Regierung heute einen gut durchdachten Plan. Gegen diesen Angriffsplan brauchen wir Arbeitenden unseren eigenen Plan: ein Kampfprogramm mit Perspektiven, wie wir in der Krise unsere Haut verteidigen können.
Statt Milliarden-Geschenke an die Reichen und Konzernbosse muss das öffentliche Geld dazu dienen, in allen wichtigen öffentlichen und sozialen Einrichtungen mehr Personal einzustellen.
Statt Entlassungen und Arbeitslosigkeit für die einen und noch mehr Arbeit für die anderen muss die vorhandene gesellschaftliche Arbeit unter Allen aufgeteilt werden – ohne Lohnkürzungen. Dafür muss ein Teil der gigantischen Vermögen dienen, die die Bosse auf unserem Rücken aufgehäuft haben.
Und wenn die Konzernbosse behaupten, das wäre unmöglich, dann müssen wir uns das Recht nehmen, ihre Konten zu kontrollieren. Dann werden wir sehen, was alles möglich ist.
Diese Maßnahmen sind in unser aller Interesse, ob wir Arbeit haben, arbeitslos oder Rentner sind. Ein solches Programm kann uns stark machen, weil es, statt zu spalten, uns Arbeitende alle vereint.
